
Hallo liebe Hundefreunde,
es ist Samstagmorgen. Ich sitze mit einer Tasse Kaffee im Bett, Laptop auf den Knien – bereit, einen neuen Blogbeitrag zu schreiben. Neben mir? Niemand. Denn Mia hat sich freiwillig in den Flur verkrümelt. Rücken zu mir. Blick abgewendet. Klare Botschaft:
“Frauchen, Wochenende heißt: Bitte nicht stören.”
Gerade wollte ich sie kraulen, so zwischen Tür und Tasse, aber nein. Sie signalisiert mir ganz deutlich: Heute ist Ausschlaftag. Und zwar für sie.
Und da war sie wieder, diese Frage, die sich bestimmt viele von euch auch schon gestellt haben:
Wie viel Aufmerksamkeit braucht ein Hund eigentlich?
Kann ich ihn überfordern mit meiner Nähe? Und wie erkenne ich, was mein Hund gerade will – Nähe, Action oder einfach nur seine wohlverdiente Ruhe?

Hunde sind keine Kuschelmaschinen – sie haben Charakter
Hunde sind keine immer-bereit-für-alles-Kuschelbären. Sie sind Persönlichkeiten – mit Bedürfnissen, Grenzen, Eigenheiten. Und genau wie wir Menschen gibt es auch bei ihnen die Leisetreter und die Rampensäue – also: die Introvertierten und die Extrovertierten.
Mia zum Beispiel ist die stille Beobachterin. Sie analysiert neue Situationen mit dem Blick eines Zollbeamten mit Bauchgefühl. Sie mag ihre Rituale, ihren Abstand und ihre Ruhe. Doch wehe, ich gehe ins Bad – da kommt sie mit. Badzeit = Kuschelzeit. So viel Nähe muss dann sein.

Introvertierter Hund vs. extrovertierter Hund – was heißt das?
Ja, es gibt sie wirklich: Hundepersönlichkeiten.
Laut moderner Verhaltensforschung zeigen Hunde unterschiedliche Temperamente, die durchaus mit intro- und extrovertierten Menschen vergleichbar sind.
🐩 Introvertierte Hunde (Team Mia):
✔️ Beobachtend, sensibel, ruhiger im Verhalten
✔️ Rückzugsorte sind wichtig
✔️ Körpernähe ja – aber nur nach eigenem Maß
✔️ Reagieren stark auf Reize, brauchen Ruhe zur Verarbeitung
🐕 Extrovertierte Hunde:
✔️ Kontaktfreudig, neugierig, aktiv
✔️ Fordern Aufmerksamkeit direkt ein (anstupsen, Spielzeug bringen)
✔️ Kommen gut mit Abwechslung und Action zurecht
✔️ Sind oft einfacher im Umgang mit Fremde
Die Persönlichkeit deines Hundes bestimmt also ganz wesentlich, wie viel Aufmerksamkeit er braucht – und wann er einfach in Ruhe gelassen werden möchte.
🧬 Aber warum sind Hunde eigentlich so verschieden?
Die Wissenschaft hat da eine klare Antwort:
Nur etwa 9 % des Hundeverhaltens lassen sich durch die Rasse erklären.
Der Rest?
Kommt von den Genen, den Erfahrungen als Welpe, der Sozialisierung, der Erziehung – und von diesem kleinen Funken Individualität, den man nicht lernen oder züchten kann.
So wie bei uns Menschen eben auch: Zwei Geschwister können völlig unterschiedlich ticken.
Bei Hunden ist es genau das Gleiche!
Eine Studie von National Geographic zeigt: Persönlichkeit bei Hunden entwickelt sich durch eine Mischung aus Veranlagung und Umwelt.
Ob ein Hund also der Partyclown oder die Kräutertee-Genießerin wird – das entscheidet sich nicht nur durch die Geburt, sondern durch das Leben selbst.

Was sagt die Wissenschaft zur „richtigen“ Aufmerksamkeit?
Eine pauschale Formel gibt es nicht – aber klare Erkenntnisse:
Bindung braucht Struktur, nicht Dauerbespaßung.
Hunde brauchen Sicherheit, klare Rituale, aber keine 24/7-Showeinlage. Laut Dr. Claudia Fugazza (ELTE Universität Budapest) stärkt gemeinsames, ruhiges Tun die Bindung oft mehr als hektisches Spiel.
Zu viel Aufmerksamkeit kann stressen.
Hunde, die permanent angesprochen, gekrault oder beschäftigt werden, können überfordert sein. Vor allem sensible Hunde zeigen dann Stressverhalten: sich zurückziehen, übermäßiges Lecken, Gähnen, Ausweichen.
Ruhige Nähe zählt auch.
Ein gemeinsamer Mittagsschlaf, bei dem dein Hund sich einfach zu dir legen darf – ohne dass du ihn dauernd antippst – kann tiefer binden als das zehnte Apportspiel.

Altersunterschiede: Welcher Hund braucht wann wie viel?
Welpen & Junghunde:
• Wollen viel Nähe, Spiel, Aufmerksamkeit.
• Sie brauchen Anleitung, Strukturen – und Geduld.

Erwachsene Hunde:
• Kennen den Alltag, brauchen gezielte Aufmerksamkeit (z. B. Training, Spaziergang, Kuscheln).
• Rückzugsphasen werden wichtiger.

Senioren:
• Wünschen sich oft mehr Ruhe und Verlässlichkeit.
• Aufmerksamkeit ist hier mehr Zuwendung als Aktion.

Mia heute ist nicht mehr Mia von früher. Früher: Yippieh, es wird gespielt! Heute: „Spiel du ruhig. Ich schlaf dann mal weiter.“

Rassenunterschiede – wer braucht wie viel?
Hunderasse | Charaktertendenz & Aufmerksamkeit |
---|---|
Labrador Retriever | Extrovertiert, menschenbezogen, liebt Nähe und Action – ein echter Familienhund. |
Golden Retriever | Freundlich, offen, kontaktfreudig – genießt Nähe in jeder Form. |
Border Collie | Sensibel, klug, braucht Struktur und gezielte Aufmerksamkeit – Überforderung vermeiden! |
Jack Russell Terrier | Extrovertiert, fordernd, energiegeladen – will Action, jeden Tag. |
Shiba Inu | Introvertiert, unabhängig – mag Nähe nur zu ausgewählten Zeiten. |
Windhunde (z. B. Whippet) | Ruhig, introvertiert – lieben sanfte Zuwendung und viel Ruhe. |
Chihuahua | Sensibel, selbstbewusst – fordert Aufmerksamkeit situativ, aber nicht aufdringlich. |
Australian Shepherd | Intelligent, arbeitsfreudig – braucht viel Aufmerksamkeit und Aufgaben. |
Französische Bulldogge | Gemütlich, anhänglich – liebt Kuscheln, ist aber auch gerne einfach dabei. |
Mops | Verspielt, menschenbezogen – Nähe ist ihm wichtig, aber bitte mit Humor. |
Malteser | Sanft, anhänglich – braucht Nähe und Struktur, liebt gemeinsame Rituale. |

Was passiert, wenn wir’s übertreiben? – Wenn zu viel Liebe zu viel ist
Kennt ihr das auch?
Da liegt euer Hund einfach nur da. So richtig süß. So perfekt hingegossen im Körbchen, mit einem Ohr halb über der Pfote und diesen halbgeschlossenen Augen, die sagen: “Ich bin zwar nicht wach, aber ich weiß, du findest mich süß.”
Und was macht man als Mensch? Genau. Man kann nicht widerstehen.
„Nur ein kleiner Streichler… ganz zart…“
Tja – und dann hebt Mia langsam den Kopf, schaut mich an wie eine genervte Bibliothekarin bei Handyklingeln – und seufzt.
Dieses Mia-Seufzen.
Tief, hörbar, bedeutungsschwer.
Nicht etwa: „Ach wie schön, sie hat mich gestreichelt.“
Sondern eher: „Echt jetzt, Frauchen? War das nötig?“
Es ist dieser feine Moment, in dem man merkt:
Zu viel Aufmerksamkeit ist auch keine Lösung.

Typische Anzeichen für einen überforderten Hund:
🐶 Rückzug und Meideverhalten
Mia zieht sich dann gerne in den Flur zurück. Am liebsten dahin, wo ich nicht so oft vorbeilaufe. Das ist keine Beleidigung – das ist Selbstschutz.
🐶 Nervosität oder innere Unruhe
Der Hund steht ständig auf, legt sich wieder hin, läuft hin und her. Wie wir Menschen, wenn wir „zu nett gemeinte“ Gesellschaft einfach nicht abschütteln können.
🐶 Übersprungshandlungen
Plötzliches Lecken an Pfoten, Gähnen in unpassenden Momenten, sich kratzen, obwohl nichts juckt – das sind oft Zeichen innerer Anspannung.
🐶 Dauerhafte Anspannung oder schlechtes Schlafverhalten
Ein Hund, der nie zur Ruhe kommt, weil wir ihn ständig „lieb haben wollen“, entwickelt mit der Zeit ein gestörtes Ruheverhalten. Er schläft unruhiger, wird schneller gereizt, ist dauerhaft „on“.
🐶 Der Mia-Seufzer
Ihr wisst schon. Dieses tiefe, durch Mark und Bein gehende „Lass mich einfach nur schlafen“-Geräusch.
Ein akustisches Stoppschild mit Herz.

Warum wir trotzdem ständig „drauflos streicheln“
Ganz einfach: Weil wir’s gut meinen.
Weil unser Herz überläuft, wenn wir unseren Hund so sehen – entspannt, friedlich, einfach da. Und dann denken wir:
„Das kann ich doch nicht ungenutzt lassen.“
Aber manchmal ist echte Liebe eben auch: Nicht anfassen.
Da sein. Beobachten. Warten, bis der Hund zu uns kommt – oder auch nicht.
Die typischen Fehler, die wir Menschen machen
• Wir deuten Nähe als Pflicht.
Ein Blick heißt nicht automatisch: „Kraul mich!“ Manchmal heißt er: „Ich seh dich. Reicht.“
• Wir achten nicht auf Rückzugszeichen.
Kopf abwenden, Körbchen aufsuchen, gähnen – das sind höfliche Bitten um Pause.
• Wir vergleichen Hunde.
Nur weil der Hund der Nachbarin immer mitspielen will, heißt das nicht, dass dein Hund das auch braucht oder will.

Was hilft stattdessen?
Hundesignale lernen und respektieren
Nicht jedes Blinzeln ist ein Kuschelaufruf. Manchmal ist es ein: „Ja, ich weiß, du bist da. Reicht völlig.“
✅ Rituale statt Spontan-Streicheln
Viele Hunde lieben feste Momente für Nähe – z. B. nach dem Spaziergang, beim gemeinsamen Mittagsschlaf (Mias Highlight!), abends auf dem Sofa.
✅ Freiräume schaffen
Körbchen mit Rückzugsmöglichkeit, Zimmer, in denen der Hund auch mal „alleine sein darf“, ohne dass jemand ständig den Bauch krault.
Ein Hund braucht Nähe. Ja. Aber auch Pausen von unserer Nähe.
Wenn Mia mich mit diesem Blick ansieht, als hätte ich ihr gerade den Spa-Tag ruiniert, dann weiß ich:
Heute bin ich nicht das Highlight.
Heute ist ihr Körbchen das Highlight.
Und das ist völlig okay.

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Fazit: Nähe ist gut – aber bitte mit Gefühl
Manchmal ist die größte Liebeserklärung an unseren Hund nicht das Streicheln. Nicht das Spielen. Nicht mal das selbstgebackene Leckerli mit Leberwurstkern (auch wenn Mia da vermutlich anderer Meinung wäre).
Manchmal ist echte Liebe einfach: da sein – und in Ruhe lassen.
Denn so verschieden unsere Hunde auch sind – ob quirliger Jack Russell, sensibler Windhund oder zarter Malteser – sie haben alle eines gemeinsam:
Sie sind eigenständige Wesen mit Persönlichkeit.
Und genau diese Persönlichkeit verdient es, gesehen und respektiert zu werden. Nicht jeder Blick bedeutet: „Kraul mich“. Nicht jedes Schwanzwedeln heißt: „Lass uns was machen“.
Oft steckt dahinter:
„Ich seh dich, Frauchen. Aber ich genieße gerade mein Körbchen. Lass uns später reden.“
Ich selbst hab gelernt – durch Mia, meine kleine Seufzer-Philosophin –, dass Aufmerksamkeit nicht laut sein muss.
Dass Nähe nicht immer mit Anfassen beginnt.
Und dass Vertrauen sich manchmal im Rückzug zeigt – wenn der Hund weiß: Ich darf hier einfach sein. So, wie ich bin.
Und deshalb, liebe Hundefreunde:
💜 Lasst uns unsere Hunde nicht nur versorgen – sondern verstehen.
💜 Lasst uns ihre Charakterzüge feiern – die leisen und die lauten.
💜 Lasst uns sie begleiten – nicht überrollen.
Und vor allem:
Lasst uns ihnen genauso viel Raum zur Entwicklung geben, wie wir ihn selbst gern hätten. Mit all ihren Eigenheiten, Macken, sensiblen Momenten und schrägen Ritualen (Bad-Kraul-Zeit inklusive).
In diesem Sinne:
Mehr Vertrauen. Weniger Dauerkraulen. Und ganz viel echte Verbindung.
Herzliche Grüße – mit einem freundlichen Seufzer von Mia und einem Lächeln von mir,
Andrea & Mia von „Welt auf vier Pfoten“

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